Die Internationale Liga gegen Epilepsie (ILAE) hat Epilepsieformen und Anfallstypen neu benannt und unterteilt. Nun hat eine Taskforce die Dokumente auf Deutsch übersetzt.
(Zürich) Fast drei Jahrzehnte nach der letzten Epilepsie-Klassifikation hat die International League Against Epilepsy (ILAE) im Jahr 2017 eine neue Einteilung vorgelegt. Diese ist nun mit drei Artikeln in der „Zeitschrift für Epileptologie“ erstmals auf Deutsch erschienen. Verantwortlich für die Übersetzung ist eine Ad-hoc-Taskforce der Deutschen und der Österreichischen Gesellschaften für Epileptologie mit der Schweizerischen Epilepsie-Liga. Darin wirkten zwei Vertreter der Epilepsie-Liga mit, Präsident Prof. Dr. Stephan Rüegg (Basel) und der ehemalige Präsident Dr. Günter Krämer (Zürich).
Präzisere Diagnosen ermöglichen
Ziel der neuen Klassifikation sind letztlich bessere Therapieentscheidungen: „Es gibt mehr Möglichkeiten für Epilepsie-Diagnose und ‑Therapie als bei Entstehung der alten Klassifikation in den 1980er Jahren“, sagte Robert Fisher (Stanford), Erstautor von zwei der drei Artikel. „Die richtige Therapie hängt oft davon ab, ob man den genauen Anfallstyp kennt.“
Viele Anfallstypen waren in den 1980er Jahren noch gar nicht bekannt, andere ältere Bezeichnungen sind schwer zu verstehen. Beispielsweise ist ein „bewusst erlebt fokaler“ Anfall für Betroffene und Angehörige besser verständlich als die alte Bezeichnung „einfach partiell“. Der teilweise irreführende Begriff „benigne“ (gutartig) wird je nach Epilepsieform durch „selbstlimitiert“ oder „pharmakoresponsiv“ ersetzt.
Einer der drei Artikel befasst sich konkret mit der Anwendung der neuen Klassifikation im klinischen Alltag. Er enthält eine einfache Klassifikation („Basisversion“) sowie die erweiterte Version, eine Zusammenfassung der Regeln für das Klassifizieren von Anfällen, ein Glossar, die Gegenüberstellung alter und neuer Termini sowie Beispiele aus der Praxis.
„Eine besondere Herausforderung war die Übersetzung des englischen Begriffts ‚awareness‘, für den es keine adäquate Übersetzung im Deutschen gibt“, berichtet Stephan Rüegg, Präsident der Epilepsie-Liga – zumal im Englischen zwischen „awareness“ und „consciousness“ unterschieden wird. Meist wählte die Taskforce für „aware“ die Umschreibung „bewusst erlebt“.
Ein grosser Schritt
„Die neue Klassifikation ist eine sehr willkommene Initiative und ein wertvolles Hilfsmittel, das auf verschiedenen Ebenen zu Verbesserungen führen wird“, sagt Rüegg. „Die leichtere Verständlichkeit hilft allen: Die Diagnosen werden genauer und für die Betroffenen besser verständlich.“ Letztlich nützten präzisere Diagnosen nicht nur der Behandlung, sondern auch der Forschung.
„Natürlich gibt es weiterhin noch ungelöste Fragen und Diskussionen“, sagt Rüegg. „Trotzdem ist die neue Klassifikation ein grosser Schritt für die Epileptologie.“