Mehrere gängige Epilepsie-Medikamente haben auf der neuen Generikaliste den Vermerk «20% Selbstbehalt». Der gilt aber nur dann, wenn eine Substitution medizinisch unproblematisch ist.

Juni 2021 – Eine junge Epilepsiebetroffene im Raum Basel staunte, als sie kürzlich ihr gewohntes Medikament in der Apotheke beziehen wollte: Die Apothekerin empfahl ihr ein Generikum, denn mit dem Markenpräparat müsse sie gemäss der neuen Liste 20% Selbstbehalt zahlen. Tatsächlich sind mehrere häufig verordnete Antikonvulsiva auf der Spezialitätenliste des Bundesamts für Gesundheit mit einem roten Kreuz gekennzeichnet – das bedeutet einen erhöhten Selbstbehalt von 20% statt der üblichen 10%. Betroffen sind die Präparate Lamictal, Topamax, Neurontin, Keppra, Lyrica und Depakine Chrono.

Weiterhin gilt aber die Ausnahmeregelung gemäss Artikel 38a Absatz 6 der Krankenpflege-Leistungsverordnung, KLV[1]: «Verschreibt der Arzt oder die Ärztin […] aus medizinischen Gründen ausdrücklich ein Originalpräparat oder lehnt der Apotheker oder die Apothekerin aus medizinischen Gründen eine Substitution ab, kommt Absatz 1 nicht zur Anwendung», d.h. der Selbstbehalt beträgt weiterhin die üblichen 10% bis maximal CHF 700 pro Jahr. Nach bisheriger Praxis muss das Substitutionsverbot handschriftlich auf dem Rezept vermerkt werden.

Die Epilepsie-Liga appelliert an Apothekerinnen und Apotheker sowie Krankenversicherungen, diese Klausel weiterhin zu beachten. Nur so können sie vielen der rund 80’000 Epilepsiebetroffenen in der Schweiz bürokratischen Zusatzaufwand sowie unnötige Zusatzkosten oder Risiken ersparen.

«Wir sind nicht gegen Generika», betont die Präsidentin der Schweizerischen Epilepsie-Liga, Prof. Dr. Barbara Tettenborn. «Wird ein Medikament erstmals verordnet, ist das günstigste passende Angebot sinnvoll.» Ist eine Patientin oder ein Patient aber einmal gut eingestellt, d.h. anfallsfrei bei guter Verträglichkeit, gilt das Motto «Never change a winning team». Eine 2018 veröffentlichte Studie[2] bestätigt, dass auch Medikamentenwechsel mit identischem Wirkstoff die Gefahr neuer Anfälle um mehr als 30% erhöhen.

[1] Verordnung des EDI über Leistungen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung: https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1995/4964_4964_4964/de#art_38_a. Das Substitutionsrecht wird ausserdem in Artikel 52a des Krankenversicherungsgesetz KVG geregelt.

[2] Johannes D. Lang, Karel Kostev, Hajo M. Hamer et al. Switching the manufacturer of antiepileptic drugs is associated with higher risk of seizures: A nationwide study of prescription data in Germany. Ann Neurol 2018;84:918–925. https://doi.org/10.1002/ana.25353.