Häufig gestellte Fragen
Die auf dieser Website zur Verfügung gestellten Informationen ersetzen den Arztbesuch nicht, sie sollen viel eher dazu dienen, das Gespräch zwischen Patient und Arzt zu fördern.
Epilepsie allgemein
Epilepsie selbst ist nicht tödlich.
Durch Anfälle besteht eine erhöhte Gefahr z.B. zu ertrinken oder einen tödlichen Unfall zu erleiden. Hört ein Grand-Mal-Anfall nicht von alleine auf (Status epilepticus), besteht ernsthaft Lebensgefahr. Selten können Epilepsiebetroffene auch im Kopfkissen ersticken, wenn sie nachts bei einem Anfall allein sind, oder sterben aus unbekannten Gründen („sudden unexpected death in epilepsy“, SUDEP).
Ja, es gibt dafür einige Tipps:
- Medikament langsam aufdosieren («einschleichen»)
- Kommt es zu Nebenwirkungen am Morgen: In Absprache mit dem Arzt Morgendosis verringern oder auf zwei Einnahmezeitpunkte aufteilen
- Kommt es zu Nebenwirkungen am Abend: Dosis entweder aufteilen oder erst kurz vor dem Schlafengehen einnehmen
- Gegen Magenschmerzen: Medikamente zum Essen einnehmen
- Gegen Harndrang: Beckenbodentraining
- Gegen Reizbarkeit: Entspannungstechniken wie z.B. Yoga.
Autor: Frédéric Zubler
Letzte Aktualisierung: Februar 2023
Unter Umständen ja. Bestimmte Epilepsieformen (z.B. Rolando-Epilepsie) wachsen sich beim Erwachsenwerden aus, die Medikamente können dann abgesetzt werden. Es gibt bei einigen Betroffenen (2-3%) auch die Möglichkeit, mit einer Operation den Anfallsherd zu entfernen. Verläuft der Eingriff positiv, lebt ein Teil der Betroffenen nachher ohne Medikamente anfallsfrei.
Medikamente wirken nur, wenn sie regelmässig eingenommen werden – Basis dafür ist ein Vertrauensverhältnis zwischen Patient/in und Arzt/Ärztin. Letztere sollten sich ausreichend Zeit nehmen und offene Fragen beantworten. Dafür ist es nützlich, wenn sich die Patienten vorbereiten und Beobachtungen und Fragen notieren. Wer sich nicht gut betreut fühlt, kann sich nach einer Alternative umsehen oder eine Zweitmeinung einholen.
Gute Mediziner haben damit kein Problem, sondern sind bei schwierigen Entscheiden oft sogar froh, wenn ein erfahrener Kollege seine Meinung äussert. Möglicherweise kann er/sie sogar jemanden empfehlen. Sprechen Sie offen mit Ihrem behandelnden Arzt darüber und bitten Sie ihn, Ihre Krankenakte dem gewünschten Arzt weiterzuleiten.
In den meisten Fällen sollte die Grundversicherung die Kosten übernehmen (abzüglich Selbstbeteiligung). Wir empfehlen aber, das Heranziehen einer Zweitmeinung sicherheitshalber vorgängig mit Ihrer Krankenkasse abzuklären.
Letzte Aktualisierung: September 2019
Auf jeden Fall, denn bei hohem Fieber im Fall einer Grippe steigt das Anfallsrisiko erheblich. Die Grippe-Impfung ist sehr gut verträglich und ruft keine oder kaum Impfreaktionen hervor.
Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten zur Anfallswarnung: Auf Grand-Mal-Anfälle in der Nacht macht unter Umständen ein schlichtes Babyphon aufmerksam. Anspruchsvollere, aber auch teurere Überwachung bieten die Geräte Epi-Care und Emfit, die auf Erschütterung reagieren; bei Emfit wird zusätzlich ein Alarm beim Verlassen des Bettes ausgelöst. Das Armband “Nightwatch” aus den Niederlanden misst nachts die Herzfrequenz und erfasst Bewegungen der schlafenden Person.
Transparenzhinweis: Seit 2024 gehört NightWatch zum Sponsorenpool der Schweizerischen Epilepsie-Liga.
Letzte Aktualisierung: August 2024
Epi-Care (s. Antwort auf vorige Frage) funktioniert auch tagsüber.
Eine Alternative bietet (Informationen auf Englisch):
Hinweis: Die Epilepsie-Liga erhält keine Unterstützung der genannten Anbieter und übernimmt keine Verantwortung.
Letzte Aktualisierung (Links): März 2024
Ein Hund kann im Zusammenhang mit Epilepsie nützlich sein – vorausgesetzt, die Halter haben genug Platz und Zeit für ein Haustier. Sozial wirkt sich ein Hund für betroffene Familien oft positiv aus.
Speziell ausgebildete Hunde (auch Epi-Dogs, Assistenzhunde oder Epilepsie-Begleithunde genannt) können beispielsweise Alarm schlagen, wenn ein Anfall auftritt – durch Bellen oder indem sie einen Notfallknopf betätigen. Das Training ist allerdings anspruchsvoll und zeitraubend, und nicht jeder Hund ist dafür geeignet. Zudem ist ein Hund nicht immer zuverlässig und kann auch z.T. nur mit Verzögerung reagieren.
Es gibt Berichte, nach denen Hunde vor dem Auftreten eines Anfalls warnen können. Das Thema ist jedoch in der Fachliteratur noch umstritten.
Wichtig: Ein Hund kann nie die medizinische Epilepsie-Behandlung oder eine Überwachung durch Angehörige ersetzen.
Autoren: Julia Franke / Frédéric Zubler; letzte Aktualisierung: März 2023.
Notfallarmbänder sind besser sichtbar als Karten, denn viele Menschen haben Hemmungen, in ein fremdes Portemonnaie zu schauen. Anbieter sind beispielsweise:
Unsere Partnerorganisation Epi-Suisse bietet einen Kartenhalter und den sogenannten “Help Belt”.
Hinweis: Die Epilepsie-Liga erhält keine Unterstützung der genannten Anbieter.
Letzte Aktualisierung: April 2023
Leider müssen Patienten Ambulanzfahrten bezahlen, auch wenn die Sanitäter ohne ihr Einverständnis alarmiert wurden. Die Krankenkasse trägt allenfalls einen Teil dieser Kosten.
Unsere Partnerorganisation Epi-Suisse informiert ausführlich zu diesem Thema, gibt Tipps und unterstützt Betroffene mit einem Nothilfefonds.
Letzte Aktualisierung: August 2019
Epilepsie ist keine psychische Krankheit, aber Epilepsie und psychische Krankheiten (z.B. Depressionen oder Angststörungen) treten häufig gemeinsam auf – vermutlich gibt es gemeinsame Ursachen, die wir aber nicht genau kennen. Manche Epilepsie-Medikamente verstärken zudem diese Tendenz.
Es ist wichtig, solche Störungen behandeln zu lassen und sich dafür einen guten Psychiater oder Psychotherapeuten zu suchen, der wiederum mit der Neurologin Kontakt hat – wir wissen, dass oft auch die Anfälle nachlassen, wenn sich die psychische Situation bessert.
Letzte Aktualisierung: Februar 2023
Auf dieser Seite finden Sie Informationen in insgesamt elf Sprachen. Gehen Sie dafür auf die Homepage www.epi.ch und klicken Sie ganz oben links auf das Sprachwechsel-Feld. Es gibt Informationen in unterschiedlichem Umfang auf Deutsch, Französisch, Italienisch, Englisch, Portugiesisch, Albanisch (Shqip), Bosnisch/Kroatisch/Serbisch (Bn/Hr/Srb), Tamil, Tigrinyia, Türkisch und Ukrainisch.
Hilfreiche Informationen in insgesamt 19 Sprachen (auch auf Deutsch) bietet das Reisehandbuch des “International Bureau for Epilepsy”.
Letzte Aktualisierung: Februar 2023.
Sanitätshäuser bieten spezielle Epilepsiehelme an, für manche tun auch Velohelme gute Dienste. Ribcap bietet neu weiche Helme im Stil von Kappen.
Letzte Aktualisierung: November 2021
Tendenziell ja, das Risiko ist 2-3-mal so hoch wie bei Menschen ohne Epilepsie. Dafür gibt es eine Reihe von Gründen:
- Stürze durch Anfälle
- Gangunsicherheiten, die durch manche Medikamente verursacht werden
- Grunderkrankungen, z.B. Tumoren
- Osteoporose, die durch manche, eher ältere Antikonvulsiva mitverursacht werden kann.
Zur Vorsorge empfehlen wir regelmässige Bewegung, wenig oder gar kein Nikotin und Alkohol sowie, in Absprache mit Arzt oder Ärztin, die Einnahme von Calcium und Vitamin D.
Wer über 50 ist und 10 Jahre oder mehr ein älteres Antikonvulsivum genommen hat (Carbamazepin, Oxcarbazepin, Phenobarbital, Phenytoin, Primidon oder Valproat), sollte mit dem Arzt oder der Ärztin über eine mögliche Messung der Knochendichte sprechen, um das Risiko von Osteoporose einzuschätzen. Seit 1. Juli 2023 übernehmen Schweizer Grundversicherungen in solchen Fällen die Kosten für die entsprechende Vorsorge-Untersuchung (Knochendensitometrie «DXA»).
Letzte Aktualisierung: Juli 2024
Autor: Frédéric Zubler
Ja, Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung leiden häufig auch unter einer Epilepsie. Das betrifft insbesondere Personen mit schweren Autismusformen, die mit einer geistigen Behinderung einhergehen. Oft beginnen diese Epilepsien bereits im frühen Kindesalter. Eine interdisziplinäre Behandlung ist besonders wichtig.
Letzte Aktualisierung: April 2023
Autoren: Frédéric Zubler/Julia Franke
Ja, sofern ein Vitamin-D-Mangel festgestellt wird. Um einen solchen Mangel zu vermeiden oder zu verringern, empfiehlt sich ausserdem eine ausgeglichene Ernährung, körperliche Aktivität an der frischen Luft und das Vermeiden von Nikotin und übermässigem Alkoholkonsum. Einige ältere, enzyminduzierende Epilepsie-Medikamente senken erwiesenermassen den Vitamin-D-Spiegel – für diese Betroffene können Vitamin-D-Supplemente notwendig sein.
Zusammengefasst sollten Epilepsiebetroffene das Thema mit ihrem behandelnden Arzt besprechen, aber nicht selbstständig Vitamin-D-Tabletten oder -Tropfen besorgen.
Letzte Aktualisierung: April 2023
Autoren: Frédéric Zubler/Julia Franke
Coronavirus und Epilepsie
Autor: Stephan Rüegg; Stand der Informationen: Januar 2022.
Ja. Die allermeisten Experten sind sich einig, dass die Vorteile einer solchen Impfung deutlich die Risiken überwiegen. Inzwischen sind weltweit Milliarden Menschen geimpft, die Folgen werden genau untersucht. Es gibt keine wissenschaftlichen Daten, die darauf hinweisen, dass Epilepsiebetroffene häufiger oder schwerere Nebenwirkungen durch eine Covid-19-Impfung erleiden – das gilt insbesondere auch für epileptische Anfälle.
Jede Impfung kann kurzfristige Erkrankungszeichen wie Kopfschmerzen oder Fieber hervorrufen. Weil Fieber in manchen Fällen epileptische Anfälle auslösen kann, empfehlen wir in diesem Fall, die Körpertemperatur durch Wadenwickel oder fiebersenkende Medikamente zu senken. Wechselwirkungen zwischen den Impfstoffen und Antikonvulsiva sind bisher nicht bekannt.
Die Impfstelle sollte sicherheitshalber über eine vorhandene Epilepsie informiert werden, ausserdem über bestehende Allergien und Medikamente.
Informationen vom BAG zum Thema
Stellungnahme des Epilepsiezentrums der Universität Freiburg i.Br.
Letzte Aktualisierung: 12. Januar 2022
Nein, Menschen mit Epilepsie gehören nicht automatisch zur Risikogruppe. Das ändert sich, wenn weitere Erkrankungen hinzukommen.
Informationen zum Coronavirus vom BAG
Trotzdem sollten sich alle vor einer Ansteckung schützen und die Empfehlungen befolgen.
Das trifft nur auf wenige Behandlungsmethoden eindeutig zu, zum Beispiel ACTH, Steroide und Immuntherapien sowie in geringerem Masse für Phenytoin, Phenobarbital oder Primidon (Mysoline®). Die meisten Epilepsiebetroffenen haben ein normales Immunsystem, wenn es nicht durch andere Krankheiten oder Behandlungen geschwächt ist. Antiepileptika sollten unbedingt weiter regelmässig eingenommen werden.
Fieber kann epileptische Anfälle auslösen. Mögliche Anfallsauslöser sind zudem Stress, Ängste oder schlechter Schlaf, unregelmässiges Essen und Trinken oder unregelmässige Medikamenteneinnahme (z.B. wegen Erbrechen). Nach den bisherigen Informationen ist die Gefahr für zusätzliche Anfälle durch Covid-19 für die meisten Epilepsiebetroffenen eher gering.
Mit einer gut eingestellten Epilepsie ist das Tragen einer Maske zumutbar. Allenfalls kann eine nicht gut sitzende Maske bei einem Anfall verrutschen und die Atemwege blockieren. Wichtig ist eine gute Qualität der Maske, sorgfältiges Befestigen und bei schwer Betroffenen entsprechende Instruktion der Begleitpersonen. Sprechen weitere medizinische Gründe gegen das Tragen einer Maske, sind diese individuell mit Hausarzt/ärztin bzw. NeurologIn zu besprechen, der/die dann auch ein entsprechendes Attest ausstellen kann.
Rufen Sie in diesem Fall Ihre Hausärztin und den behandelnden Neurologen an und folgen Sie deren Anweisungen. Möglicherweise ist es in diesem Fall sinnvoll, ein Notfallmedikament vorrätig zu haben. Dauert ein Krampfanfall länger als 3 Minuten und ist kein Notfallmedikament verfügbar, oder es hilft nicht: Betroffenen vor Verletzungen schützen und 144 anrufen.
Möglicherweise müssen die Gesundheitseinrichtungen auf verschiebbare Eingriffe und Behandlungen verzichten. Besteht ein dringender Bedarf, sollte eine telefonische Konsultation möglich sein. Ansonsten muss der Termin zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden.
Bereits vor der Pandemie kam es gelegentlich zu Lieferengpässen von Epilepsie-Medikamenten. Wir empfehlen einen kleinen persönlichen Vorrat – kümmern Sie sich rechtzeitig um ein neues Rezept.
Informationen in weiteren Sprachen
Freizeit und Reisen
Während früher viele Ärzte Menschen mit Epilepsie generell das Trinken von Alkohol verboten haben, weiss man heute, dass gegen das Trinken von Alkohol in kleinen Mengen zum Beispiel bei gesellschaftlichen Anlässen keine vernünftigen Einwände bestehen.
Alkoholmissbrauch ist sowohl bei vorbestehenden Epilepsien ungünstig als auch ein Risikofaktor für das erstmalige Auftreten eines generalisierten tonisch-klonischen Anfalls überhaupt. Meistens sind dabei nicht die Phasen des Alkoholtrinkens gefährlich, sondern die Stunden und Tage danach, in denen der Alkohol im Körper wieder abgebaut wird und die Konzentration zurückgeht. Oft treffen auch Alkoholentzug, Schlafmangel, eine verminderte Nahrungsaufnahme und Nichteinnahme von Medikamenten zusammen.
Bei schwerem und lang dauerndem Missbrauch von Alkohol können die damit verbundenen Schädigungen des Gehirns zu einer symptomatischen Epilepsie führen, die manchmal auch als “Alkoholepilepsie” bezeichnet wird. Die Hirnschäden können dabei in direkten Auswirkungen des Alkohols und auch in indirekten Schädigungen wie alkoholbedingten Stürzen mit Hirnverletzungen bestehen.
Bei den meisten Menschen mit Epilepsie bestehen keine Bedenken gegen Ferienreisen. Bei ihnen ist die Liste der Dinge, an die sie bei der Vorbereitung einer Reise denken müssen, noch ein wenig länger als bei Menschen ohne Epilepsie. Wichtig ist, dass der Tages- und besonders auch der Nachtablauf nicht allzu sehr durcheinander geraten.
Letzte Aktualisierung: November 2019
Die meisten Medikamente sind zwar in den verschiedenen Ländern erhältlich, gerade bei neueren Präparaten ist dies aber nicht immer der Fall. Ausserdem sind die Dosierungen und Handelsnamen oft unterschiedlich, was zusätzlich zu Verwechslungen und Problemen führen kann. Bei grösseren Medikamentenvorräten macht manchmal der Zoll Schwierigkeiten, weshalb man sich von seinem Arzt eine kurze Bescheinigung der erforderlichen Medikamente ausstellen lassen sollte. Medikamente im Handgepäck mitnehmen und in den Originalverpackungen belassen.
Hier verändert sich der Schlaf-Wach-Rhythmus nicht nur während des Fluges, sondern meist auch noch für die zwei bis drei nachfolgenden Tage. Wann immer möglich sollte man seinen normalen Rhythmus nicht abrupt umstellen.
Das “A” und “O” ist eine regelmässige Medikamenteneinnahme. Bei Flügen nach Westen kommt es zu einem “Zeitgewinn” (der Reisetag verlängert sich) und bei Flügen nach Osten zu einem “Zeitverlust” (der Reisetag verkürzt sich). Je nach Ausmass der Zeitverschiebung sollte man die Dosis der Medikamente am Reisetag erhöhen bzw. vermindern.
Faustregel: Bei Fernreisen während des Flugs die Uhr noch nicht umstellen und Medikamente zur normalen Zeit einnehmen. Zur Landung Uhr umstellen, dann Medikamente (u.U. erneut) zur gewohnten Zeit einnehmen. Eine präzisere Formel findet sich in unserem Flyer „Reisen und Epilepsie“.
Sport fördert das Wohlbefinden, steigert das Selbstvertrauen und ermöglicht wertvolle zwischenmenschliche Kontakte: Eine ideale Freizeitbeschäftigung, auch für Menschen mit Epilepsie.
Art der Epilepsie und Häufigkeit der Anfälle beeinflussen die Wahl der Sportart von Epilepsiebetroffenen. Am besten geeignet sind Sportarten, die in Gruppen und am Boden ausgeübt werden können. Laut diversen Studien ist das Verletzungsrisiko von Menschen mit Epilepsie bei fast allen Sportarten gleich niedrig wie von Gesunden.
Bei Anfallsfreiheit oder nur sehr wenigen bzw. leichten Anfällen bestehen meist kaum Einschränkungen. Man sollte immer darauf achten, sich nicht zu übernehmen, und zu grossen Stress vermeiden.
Ganz eindeutig ist nur diese Information: Für “schnelle” E-Bikes mit Nummernschild (offiziell “Motorfahrräder”, auch S-Pedelecs genannt) gelten die gleichen Regeln wie für Mofas und damit fürs Autofahren. Zudem gilt Helmpflicht und ein Mindestalter von 14 Jahren (siehe Link unten).
Für normale Velos und „langsame“ Elektrovelos (auch Pedelecs oder offiziell “Leicht-Motorfahrräder”) ist die Situation komplizierter. Es gibt keine offiziellen Regeln, sondern liegt in der Selbstverantwortung, weil sich Betroffene zumindest bei vorsichtigem Fahren hauptsächlich selbst gefährden. Ausserdem lässt sich im Fall einer „Aura“ meist schneller reagieren und anhalten als am Steuer eines Wagens. Es hängt also stark von der individuellen Situation ab.
Wir empfehlen eine persönliche Risikoeinschätzung gemeinsam mit dem/der behandelnden Neurolog*in. Es kann sinnvoll sein, bestimmte Einschränkungen einzuhalten, um die Gefahren zu verringern. Zum Beispiel:
- Fahren nur in verkehrsberuhigten Gebieten oder Parks
- Langsam und vorsichtig fahren
- Steile oder anderweitig gefährliche Strecken vermeiden, wo ein Sturz eine erhöhte Gefährdung darstellt
- In Begleitung fahren
- Nur zu einer Tageszeit fahren, zu der üblicherweise keine Anfälle auftreten.
Möglicherweise kann auch ein Dreirad sinnvoll sein, um die Sturzgefahr auszuschalten.
Es ist immer ein Abwägen – die einen sind vorsichtig und verzichten freiwillig, andere würden ohne Rad sehr viel Lebensqualität verlieren.
Fahren mit Helm sollte ohnehin selbstverständlich sein, mit Epilepsie erst recht.
Bei Schwimmen und Wassersport gelten besondere Vorsichtsmassnahmen für Menschen mit Epilepsie:
- Rücksprache wegen der Schwimmtauglichkeit mit dem Arzt
- Nur in ausgeruhtem Zustand und bei Wohlbefinden ins Wasser
- Immer gemeinsam mit einem erfahrenen Schwimmer ins Wasser, der über die vorliegende Epilepsie und angemessene Erste-Hilfe-Massnahmen unterrichtet ist.
- Möglichst nur in einem Schwimmbecken (Pool) und nur ausnahmsweise in offenen Gewässern schwimmen. Im Zweifelsfall eine Schwimmweste oder einen Schwimmkragen tragen sowie Bademeister/Aufsichtspersonen über die Epilepsie informieren.
- Bei häufigen und schweren Anfällen im Nichtschwimmerbecken bleiben.
- Tauchen ist nur bei ausreichend langer Anfallsfreiheit und mit einer entsprechenden ärztlichen Bescheinigung erlaubt
- Bootsfahrten nie alleine unternehmen, ebenso Angeln.
- Bei Fotosensibilität Tragen einer polarisierten Sonnenbrille (Polaroid-Brille).
In der Regel ist Fernsehen für Menschen mit einer Epilepsie nicht gefährlich.
Bei einer Fotosensibilität sind einige Vorsichtsmassregeln sinnvoll, ohne dass aber selbst in diesen Fällen generell vom Fernsehen/Computerspielen abgeraten werden muss:
- Der Raum sollte tagsüber beim Fernsehen nie ganz abgedunkelt werden, und abends sollte eine zusätzliche Raumbeleuchtung eingeschaltet werden.
- Der Abstand zwischen Sitzplatz und Fernsehgerät sollte mindestens 2 Meter betragen.
- Weil sich eine Fotosensibilität in der Regel nur bei beidäugigem Sehen bemerkbar macht, sollte beim Annähern an das Gerät (zum Beispiel zum Ausschalten) ein Auge geschlossen oder abgedeckt werden.
- Besonders empfindliche Betroffene können darüber hinaus eine Sonnenbrille tragen (Polaroid-Brille).
Menschen mit nachgewiesener Fotosensibilität sollten bei Computerspielen folgende Vorsichtsmassnahmen treffen:
- Sie sollten Spiele mit bekannter Anfallsprovokation meiden.
- Bei Kindern und Jugendlichen sollten Erwachsene in der Nähe sein, die auch über Notfallmassnahmen bei epileptischen Anfällen informiert sind.
- Bei Videospielen unter Benutzung eines Computerbildschirms sollte dessen Durchmesser maximal 15 Zoll betragen. Bei grösseren Bildschirmen (und als Videoschirm benutzten Fernsehgeräten) sollte der Betrachtungsabstand mindestens das Vierfache der Bildschirmdiagonalen betragen.
- Lang dauerndes Spielen über mehr als eine Stunde pro Spiel sollte unterbleiben, ebenso Spielen gleichzeitig mit anderen anfallsbegünstigenden Umständen wie Schlafentzug, Fieber oder Hunger.
Schule und Arbeit
Weitaus die meisten Kinder mit Epilepsie sind normal intelligent und können wie ihre Mitschüler und Mitschülerinnen diejenige Schule besuchen, die ihrer Begabung entspricht. Wenn die Kinder nicht anfallsfrei sind und/oder durch Nebenwirkungen der Medikamente längere Krankenhausaufenthalte notwendig sind oder psychosoziale Belastungen entstehen, kann ihre Lern- und Leistungsfähigkeit beeinträchtigt werden.
Es ist wichtig, dass Lehrpersonen und Mitschülerinnen und Mitschüler über die individuelle Situation des betroffenen Kindes Bescheid wissen, so dass sie bei einem allfälligen Anfall besonnen reagieren können.
Ein eigens entwickeltes Formular hilft bei der Kommunikation zwischen Neuropädiater, Eltern und Lehrpersonen.
Mehr Informationen zum Thema bei unserer Partnerorganisation Epi-Suisse.
Letzte Aktualisierung: Februar 2023
Für die soziale Integration ist es von grosser Bedeutung, dass die Kinder so wenig wie möglich in eine Sondersituation gedrängt werden. Regelmässige körperliche Anstrengung ist weder gefährlich noch anfallsfördernd. Allerdings müssen Sportarten gemieden werden, bei denen ein Anfall ein grosses Unfallrisiko bedeuten würde.
Während der Schulreise müssen die Medikamente auch regelmässig eingenommen und Extremsituationen wie Schlafmangel, starke Sonnenbestrahlung und exzessive körperliche Anstrengung vermieden werden.
Grundsätzlich gibt es für die Berufswahl keine Einschränkung, wenn
- unter medikamentöser Behandlung zwei Jahre Anfallsfreiheit besteht
- nach operativer Behandlung ein Jahr Anfallsfreiheit besteht
- seit mehr als drei Jahren Anfälle nur im Schlaf auftreten oder
- wenn ausschliesslich Anfälle mit arbeitsmedizinisch nicht bedeutsamen Symptomen bestehen (kein Sturz, keine Bewusstseinsstörung, keine Störung der Körpermotorik).
Berufe, für die der Führerschein unbedingt erforderlich ist, sollten eher nicht in Betracht gezogen werden.
Schichtarbeit könnte sich wegen des unregelmässigen Schlaf-Wach-Rhythmus ungünstig auswirken.
Sogenannte „qualitative Einschränkungen“ können auch bei sonstiger Gesundheit zu einer (möglicherweise vorübergehenden) 100% Arbeitsunfähigkeit im angestammten Beruf führen. Das gilt insbesondere für gefährliche Arbeiten (z.B. mit Maschinen oder Schusswaffen), die Aufsicht von Schutzbefohlenen, Nachtarbeit, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie bei notwendiger Fahreignung, auch z.B. auf dem Gabelstapler.
Beruflich einschränkend ist eine Epilepsie, wenn im Anfall Bewusstseinsstörungen auftreten, wenn es zum Verlust der Haltungskontrolle kommt (Sturz, zu Boden gehen), wenn eine Störung der Körpermotorik oder unangepasste Handlungen auftreten.
Die Leistungsfähigkeit von Menschen mit gut eingestellter Epilepsie ist normalerweise kaum beeinträchtigt, abgesehen von immer noch vorhandenen Vorurteilen. Statistisch gesehen sind Ausfallzeiten bei Menschen mit Epilepsie nicht höher als bei anderen Beschäftigten.
Die Patientenorganisation Epi-Suisse bietet Sozialberatungen an. Ausserdem gibt es die Sozialberatung der Epilepsie-Klinik der Klinik Lengg in Zürich.
Sexualität, Verhütung, Kinderwunsch
Ja, das kommt vor. Für Frauen ist es deshalb wichtig, genau zu notieren, ob sich die Menstruation auf die Anfallshäufigkeit auswirkt. Ist das der Fall, so könnte es in Absprache mit Neurolog*in und Gynäkolog*in sinnvoll sein, die Anti-Baby-Pille ohne Unterbruch zu nehmen, zusätzliche anfallsunterdrückenden Medikamente gezielt einzunehmen oder andere Massnahmen einzusetzen.
Mehr zum Thema Anti-Baby-Pille und Epilepsie
Auch die Hormonschwankungen während einer Schwangerschaft können Folgen haben. Mehr dazu lesen Sie in unserem Flyer «Kinderwunsch und Epilepsie».
Auch das Klimakterium (Abänderung, Wechseljahre) kann sich auf die epileptischen Anfälle auswirken, als Verbesserung oder Verschlechterung. In dieser Lebensphase ist ein Medikamentenspiegel sinnvoll – manchmal sollte die Dosis angepasst werden. Frauen mit Epilepsie können eine vorzeitige Menopause haben.
Umgekehrt kann es sowohl durch die Krankheit selbst wie auch durch die Medikamente zu Hormonstörungen kommen.
Mehr zu Epilepsie und Sexualität, Verhütung und Kinderwunsch
Autor: Frédéric Zubler
Nur sehr selten wurde beobachtet, dass epileptische Anfälle durch Geschlechtsverkehr ausgelöst werden. Obwohl dies also in aller Regel nicht zu befürchten ist, kann es dennoch sinnvoll sein, Intimpartnerinnen bzw. -partner darüber zu informieren, was sie bei einem eventuellen Anfall tun sollten.
Fast alle Medikamente zur Behandlung epileptischer Anfälle können als Nebenwirkung zu einer Abnahme der Sexualität führen. Einige dieser Medikamente können darüber hinaus eine vermehrte Müdigkeit verursachen. Auch Nebenwirkungen an der Haut sind möglich.
Die Antibabypille hat zwar keinen Einfluss auf Häufigkeit und Schwere epileptischer Anfälle, kann aber Wechselwirkungen mit Antiepileptika aufweisen. Zum einen kann die Pille den Blutspiegel und damit die Wirkung von Antiepileptika senken, insbesondere bei Lamotrigin (Handelsname z.B. Lamictal).
Zum anderen kann die Einnahme bestimmter Antiepileptika die Wirksamkeit der Antibabypille verringern, so dass ein Risiko ungewollter Schwangerschaften besteht.
Vor Einnahme der Antibabypille oder anderer Hormonpräparate sollte das Thema unbedingt mit dem behandelnden Neurologen und Gynäkologen besprochen werden. Sofern möglich, sollten Antiepileptika eingesetzt werden, die keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Pille haben.
Zu den alternativen Verhütungsmethoden gehören Spirale (Hormon- oder Kupferspirale) sowie Barrieremethoden wie Kondom oder Diaphragma (Pessar). Mit diesen Methoden gehen epilepsiebetroffene Frauen ein sehr geringes oder gar kein Risiko unerwünschter Wechselwirkungen ein. Allerdings sind einige dieser Methoden weniger sicher als die Antibabypille.
Bitte lesen Sie unsere Informationen zum Thema Kinderwunsch.
Medikamente und Wechselwirkungen
Diese Fragen betreffen Fachpersonen oder sollten mit Medizinern besprochen werden.
Grundsätzlich gilt: Gleicher Impfschutz wie bei Menschen ohne Epilepsie. Prinzipiell gilt dies auch bei Kindern, wobei sich bei gewissen Impfungen eine Fieberprophylaxe empfiehlt, zum Beispiel bei der Dreifachimpfung gegen Diphtherie, Starrkrampf (Tetanus) und Keuchhusten (Pertussis), auch als DiTePer-Impfung bekannt.
Nur bei einigen seltenen Epilepsieformen wird manchmal dazu geraten, die Kinder für Impfungen einige Tage stationär aufzunehmen.
Siehe auch unsere Antworten auf Fragen zum Coronavirus.
Bei gehäuften Anfällen, während einer medikamentösen Umstellung oder während einer Behandlung mit ACTH oder Kortikosteroiden sollte eine nicht unbedingt erforderliche Impfung sicherheitshalber zurückgestellt werden.
Impfungen gegen Cholera, Gelbfieber, Frühsommer-Meningoenzephalitis (aktiv) und Tollwut sollten Menschen mit Epilepsie nur dann verabreicht werden, wenn sie wirklich erforderlich sind.
Bei Kindern mit Epilepsie wird meist von Spritzimpfungen gegen die “Reisekrankheiten” Typhus, Gelbfieber und Cholera abgeraten. Gegen Typhus steht als Alternative eine Schluckimpfung zur Verfügung. Auch für Erwachsene mit Epilepsie sind die Indikationen dieser Spritzimpfungen zurückhaltend zu stellen.
Atovaquon/Proguanil (Malarone®/ Malarone junior®) ist das einzige Malaria-Medikament, das die Anfallsschwelle nicht senkt, und deshalb die Prophylaxe der Wahl für Epilepsiebetroffene.
In diesem Zusammenhang gibt es unterschiedliche Erfahrungen, es hängt natürlich auch von der Dosierung und der Schwere der Epilepsie ab. Für Betroffene mit häufigen und schweren Anfällen empfehlen wir, eher auf Öle zu verzichten oder aber diese nur mit grosser Vorsicht (z.B. liegend im Bett) anzuwenden. Selbstverständlich ist zu beobachten, ob im Rahmen der Anwendung vermehrt Anfälle auftreten.
Erfahrungen in Bezug auf einzelne Öle:
Öle mit Lavendel, Campher, Menthol, Eukalyptus, Anis und Kümmel dürften unproblematisch sein.
Vorsicht ist geboten bei Fenchel, Salbei oder Rosmarinöl.
Autoren: Stephan Rüegg, Frédéric Zubler
Letzte Aktualisierung: März 2021
Seit längerem vermutete man eine anfallsunterdrückende Wirkung von Cannabidiol (CBD), dem nicht-rauschauslösenden und kaum psychiatrische Nebenwirkungen aufweisenden Inhaltsstoff im Saat-Hanf (Cannabis sativa). Die Berichterstattung über spektakuläre Einzelfälle in den Medien hat die Erwartungen hochgeschraubt.
Seit 2021 ist das Cannabidiol-Präparat Epidyolex® in der Schweiz zugelassen als Zusatztherapie gegen Krampfanfälle für Kinder ab zwei Jahren und Erwachsene mit den seltenen, schweren Epilepsieformen Dravet-Syndrom oder Lennox-Gastaut-Syndrom. Zuvor waren entsprechende kontrollierte Studien erfolgreich durchgeführt worden.
Für andere schwer behandelbare Epilepsieformen besteht noch keine Zulassung. In begründeten Fällen kann der Neurologe/die Neurologin auf Wunsch aber Epidyolex® „off-Label“ verschreiben und ein Gesuch an die Krankenversicherung zur Kostenübernahme stellen.
Im Gegensatz zu dem, was viele vermuten, verursacht auch CBD Nebenwirkungen (z.B. Schläfrigkeit, Appetitverlust, Durchfall und gelegentlich paradoxerweise auch eine Zunahme von Krampfanfällen) und kann Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten haben.
Swissmedic bietet einen Überblick mit Vollzugshilfe über Produkte mit Cannabidiol an.
Letzte Aktualisierung: September 2021
Die Fragen und Antworten wurden 2018 zusammengestellt und seitdem ergänzt. Neue Fragen und Aktualisierungen sowie die zuständigen Autor*innen sind unter der jeweiligen Frage datiert.